Fachkräftemangel, psychische Gesundheit & Work-Life-Balance - Die Ergebnisse des Re:work Reports 2023.

Sept. 11, 2023 

In Zeiten des anhaltenden Fachkräftemangels werden Themen wie Resilienz und psychische Gesundheit immer wichtiger. Denn bestehende Mitarbeitende müssen teilweise – zumindest temporär – eine höhere Arbeitsbelastung aushalten. Unsere Re:work-Umfrage hat 4.200 Mitarbeitende in elf Ländern dazu befragt. Klar wird: Unternehmen müssen die Bedürfnisse von bestehenden Mitarbeitenden ernst nehmen. Zum Beispiel mit einer gezielten Personalstrategie neue Talentpools erschließen.

Die Folgen von Personal- und Ressourcenengpässen


Der Fachkräftemangel hat unter anderem zur Folge, dass bestehende Mitarbeitende sich zunehmend überlastet fühlen. Das liegt daran, dass sie in Zeiten von Personalengpässen zusätzliche Aufgaben übernehmen müssen. 40% der befragten Mitarbeitenden in Deutschland geben an, dass sie monatlich mit Ressourcenproblemen konfrontiert werden, bei 65% ist dies sogar quartalsweise der Fall.


Überlastung, verpasste Geschäftschancen und eine verminderte Arbeitsqualität: Das sind nur einige der Folgen von Personalengpässen in den letzten 12 Monaten. In Deutschland geben zu dem 20% der Mitarbeitenden an, aufgrund der erhöhten Arbeitsbelastung an Burnout zu erkranken.


Diese Situation stellt Führungskräfte und Unternehmen vor neue Herausforderungen: Wie können sie trotz Personal- und Ressourcenengpässen ein Umfeld schaffen, in dem bestehende Mitarbeitende engagiert, gesund und leistungsfähig bleiben?


Um diese Frage zu beantworten, lohnt sich ein Blick auf die sogenannten «Workforce Resilience Leaders». Das sind jene Organisationen, denen es gelingt, eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung zu erreichen – bei gleichzeitig höherer Profitabilität. Das schaffen rund 12% der befragten Unternehmen. Was sie von anderen unterscheidet ist: Sie engagieren sich stärker für die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden.


Stimmt das Umfeld, steigt das Engagement


Bei den «Workforce Resilient Leaders» sticht eine Gruppe von Mitarbeitenden besonders hervor – die «dedicated performers». Das sind Talente, die sagen, noch mindestens 12 Monate bei ihrem Arbeitgeber bleiben zu wollen. Sie sind engagiert und erbringen gute Leistungen. Ihr Arbeitsumfeld zeichnet sich aus durch ein hohes Mass an Flexibilität und eine zumutbare Arbeitsbelastung.


Zudem geben sie an, dass sie ihre Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten aktiv mitgestalten können. 88% von ihnen betonen, dass sich ihr Arbeitgeber für ihre psychische Gesundheit interessiert. 57% der Befragten geben an, sich dem Unternehmen zugehörig zu fühlen. Dies sind alles Faktoren, die sich positiv auf die Work-Life-Balance auswirken. Die minimierte Wahrscheinlichkeit, dass Mitarbeitende kündigen oder nur noch ein Minimum an Einsatz leisten, wird auch «quiet quitting» genannt.


Was sind die am häufigsten genannten Kündigungsgründe?



Karriereentwicklung wichtig für die Mitarbeitermotivation


Die Weiterentwicklung von Fähigkeiten und Karriere steht bei allen Befragten der aktuellen Umfrage ganz oben auf der Liste (35% und 33%). 36% der deutschen Talente geben an, dass ihre Führungskraft ihre Karriereentwicklung unterstützt. In der Schweiz wiederum ist dies bei 41% der Fall.


Ungenügende Work-Life-Balance


Mitarbeitende, die in den nächsten 12 Monaten planen die Stelle zu wechseln, nennen als die drei wichtigsten Gründe eine ungenügende Work-Life-Balance, fehlende Karrieremöglichkeiten und mangelnde Gelegenheiten für die Fähigkeitenentwicklung.


Weltweit haben wir gefragt:
Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie Ihren Job innerhalb der nächsten 12 Monate wechseln?


Die wichtigsten Gründe, warum Mitarbeitende ihre Stelle in den nächsten 12 Monaten wahrscheinlich wechseln werden:


Führungskräfte nennen als Kündigungsgrund der Mitarbeitenden als Hauptgründe Lohn und Mitarbeitervorteile. Von den Talenten selber wird dieser Faktor jedoch erst an vierter Stelle aufgelistet. Solche Einblicke lassen aufhorchen und sind ein Indiz dafür, dass nicht alle Führungskräfte und Organisationen die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden ausreichend verstehen. 



Resilienz erhöhen – aber wie?


Zu den wichtigsten Maßnahmen für eine bessere Resilienz der Arbeitskräfte wird das Rekrutieren von mehr Personal genannt, aber auch Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, die Einführung neuer Tools und Technologien sowie eine verbesserte Kultur und DEI-Strategie (= Diversity, Equity, Inclusion).



Deutschland als Schlusslicht im Bereich Diversität


41% der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland sagen, dass ihre Firma Initiativen zur Förderung von DEI vorantreibt – damit das Schlusslicht in Europa. Gleichzeitig geben 50% der deutschen Talente an, in ihrem Arbeitsleben schon einmal mit Hürden konfrontiert worden zu sein, die sie nicht selber beeinflussen konnten, beispielsweise aufgrund von einer Krankheit oder einer Behinderung. Im Bereich DEI gibt es daher erhöhtes Verbesserungspotenzial.



Ein schlechtes Ergebnis für die psychische Gesundheit


In Europa glauben weniger als die Hälfte der Befragten, dass sich ihr Arbeitgeber für ihre psychische Gesundheit interessiert. Fast ein Drittel von ihnen (23%) ist in den letzten 12 Monaten aufgrund von psychischen Problemen für eine gewisse Zeit dem Arbeitsplatz ferngeblieben. Nur 7% geben an, dass es ihre Unternehmenskultur erlauben würde, psychische Probleme als Grund für ein Fernbleiben zu nennen.


In Deutschland gehört letzterer Wert im europäischen Vergleich mit 4% zu den schlechtesten. Die Auswirkungen des Fachkräftemangels und der damit einhergehenden Personalknappheit haben Folgen für die psychische Gesundheit der Angestellten: In Deutschland geben 28% von ihnen an, dass unterbesetzte Teams und eine hohe Arbeitslast sich negativ auf ihre psychische Gesundheit auswirken würden – der Höchstwert in Europa. In der Schweiz hingegen liegt dieser Wert bei 18%, in Frankreich lediglich bei 16%.


Obwohl in der Öffentlichkeit viel über psychische Gesundheit gesprochen wird, lassen Maßnahmen auf Seiten der Arbeitgeber zu wünschen übrig. Nur 23% aller Befragten geben an, dass ihr Arbeitgeber über Angebote oder Ressourcen verfügt, um die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden zu fördern – in Deutschland wiederum nur 19%.

Handlungsempfehlungen für resiliente und gesunde Mitarbeitende


Resilienz und psychische Gesundheit hängen von verschiedenen Faktoren ab. Möchten Arbeitgeber sicherstellen, dass ihre bestehenden Mitarbeitenden in Zeiten von Personalknappheit resilient und psychisch gesund bleiben und sie gleichzeitig neue Mitarbeitende anziehen, sollten sie den Fokus auf folgende drei Handlungsfelder legen:



1.   Über psychische Gesundheit reden – und etwas tun


Eine offene Unternehmenskultur, ist die Voraussetzung dafür, dass sich Mitarbeitende verstanden fühlen. Als nächsten Schritt kann man Maßnahmen einführen.



2.   Weiterbildungs- und Karrieremöglichkeiten bieten


Auf jeder Karrierestufe werden Entwicklungsmöglichkeiten benötigt, unabhängig vom Alter oder der Form des Anstellungsverhältnisses.



3.   Personalstrategie schärfen und DEI leben


Die Mitarbeitenden sind das wichtigste Kapital einer Firma. Was haben sie für Bedürfnisse, und wie erschließt eine Firma neue Talentpools? Dies gehört genauso in eine Personalstrategie wie Maßnahmen zu Diversität, Gleichstellung und Inklusion. Verstehen die Unternehmen die Bedürfnisse der bestehenden Mitarbeitenden und nehmen sie ernst, trägt dies viel dazu bei, diese auch zu halten. Gelingt es ihnen zudem, sich mit einer klaren Personalstrategie, welche DEI nicht nur vorschreibt, sondern auch vorlebt, zu positionieren, können sie auch in anhaltend herausfordernden Zeiten ihren Talentpool erfolgreich erweitern.



Klicken Sie hier, um die gesamte Umfrage herunterzuladen.


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